Schuhfabrik Kastinger

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Die Familie

Die Dynastie der „Kastinger“ begann in Unterbuchberg, wo der 1811 geborene Stephan Kastinger ein namhafter Schuhmachermeister war. Auch seine 4 Söhne, darunter Max (* 1850), erlernten ebenfalls das Schuhmacherhandwerk. Max hatte gleichfalls vier Söhne, die wiederum diesen Beruf erlernten.
Die Schuhmacherei war damals mehr als ein Handwerk, sie war eine Kunst, mussten doch alle Arbeiten, vom Leistenschnitzen über das Muster entwerfen, Schnitt machen und Schuh anfertigen, beherrscht werden. Dann musste die Ware auch noch selbst verkauft werden. Schuhgeschäfte im heutigen Sinne gab es noch nicht. Es ist bekannt, dass der alte Stephan Kastinger oft zu Fuß nach Salzburg wanderte, um dort Leder bei der Gerberei Schüsselberger einzukaufen. Seine Ware verkaufte er eigenhändig auf den Märkten von Ischl, St. Gilgen und Attersee.

Kastinger –Schuh aus dem Salzkammergut

Hermann Kastinger, einer von Max' Söhnen, gründete 1909 die „neue” Firma Kastinger im Haus des jetzigen Friseurs Hemetsberger (Hauptstraße 13). Durch Fleiß und großes Können brachte er die Firma so voran, dass er schon im Jahr 1914 einen Grund kaufen und das Stammhaus in der Hauptstaße 27 erbauen konnte. Er nahm Verbindung mit Geschäftsleuten in Wien auf und bald wurde der „Kastinger-Schuh aus dem Salzkammergut” ein Qualitätsbegriff für zwiegenähte Berg- und Haferlschuhe, sowie Stiefel, Trachtenschuhe, aber auch feine Herrenschuhe. 1928 erhielt er den Staatspreis, seine Schuhe wurden bis nach Beirut exportiert.

Auf dem Weg zur Fabrik

Max Kastinger (* 1913) wäre gerne Lehrer geworden, entschloss sich aber dann doch, eine Schuhmacherlehre zu machen und auch der jüngere Hermann trat in die Fußstapfen des Vaters. Nach dem frühen Tod des Vaters (1936) führte Max mit der Mutter die Firma weiter. Bei einem Motorradunfall 1938 verlor er das rechte Bein. Während des Krieges widmete sich Max dem Ausbau der Firma. Sein Bruder Hermann fiel.
Als er erkannte, dass die Schuhmacherei als solche nicht mehr lebensfähig sei, begann er mit der Umstellung zum Industriebetrieb. 1939 begann er im kleinen Rahmen mit der industriellen Fertigung, vorerst für Heeresaufträge.
Nicht nur mehr der zwiegenähte, auch andere Produkte trugen zum Begriff des fortschrittlich schönen und qualitätsmäßig guten „Kastinger-Schuh” bei. Der Kastinger Skischuh wurde zum Exportartikel für die ganze Welt.
Vorerst musste das Haus in der Hauptstraße mehrfach erweitert werden. Als auch die dritte Erweiterung um 1948 nicht mehr genügend Platz bot (1949 hatte der Betrieb bereits 250 Mitarbeiter), entschloss sich Max Kastinger zum Bau einer modernen Schuhfabrik an der Steindorfer Straße (heute A.-Bruckner-Straße), die 1956 fertiggestellt wurde. 350 Beschäftige fanden nun Arbeit. Über 150 Modelle jährlich, bis zu 10 neue Leistenformen und verschiedene Macharten stellten für die Beschäftigten eine große Herausforderung dar.

  • 1964 eröffnete die Firma Kastinger einen Zweigbetrieb mit 120 Personen in Grünburg an der Steyr (1966 wurden 2 weitere Zweigbetriebe) eröffnet.
  • 1968 eröffnete die Firma Kastinger einen Zweigbetrieb in Münchsdorf/Ndb (BRD). Sie war die erste österreichische Schuhherstellerin im EWG-Raum.
  • 1969 begann die Firma Kastinger (als erste europäische Firma) Schalenskischuhe herzustellen.
  • 1978: Über 500 Mitarbeiter stellten jährlich 500.000 Paar Ski-, Berg- und Wanderschuhe her.
  • 1977/78 musste der Betrieb in der Steindorfer Straße erweitert werden.

Am 26.6.1973 vernichtete ein Großbrand die Lagerhallen der Schuhfabrik Kastinger. Brandursache war ein Funkenflug bei Schweißarbeiten. In den Hallen waren Lacke, Klebemittel und Kunststoffe gelagert. Der Schaden betrug 25 Mio. Schilling.
Am 10.6.1974 erhielt Max Kastinger den Titel „Kommerzialrat”.
Am 31.3.1980 übergab Max Kastinger die Geschäftsführung seiner Tochter Christa Lux.

Das Ende

Am 26.3.1981 musste die Sportschuhfabrik Kastinger & Co.KG Konkurs anmelden.
Rund 270 Arbeitsplätze gingen verloren.
Der Besitzer der Stapa-Schuhfabrik Franz Huemer, Lambach, kaufte am 13.5.1981 die Schuhfabrik Kastinger um 20 Mio. S. Ab Mai 1985 kämpfte dieser mit Liquiditätsproblemen. Das Unternehmen in Seewalchen wurde bis Jahresende stillgelegt.

Die Kastinger-Objekte heute

  • Im Kastinger-Gelände in der Steindorfer Straße (heute Anton-Bruckner-Straße) befanden sich ab 1986
    • ein Schuhgeschäft (Mayer bis 2005);
    • die Fa. Techno-Cirle (1993-1997;)
    • ein Supermarkt (1989 „Hit-Diskont“, 1990 – 2006: Billa);
  • in der ehemaligen Kantine bis 2000 ein Gasthaus (Heuriger, Gösser-Stube, Zipfer-Krone und kurz ein Café).

2005 ging das Areal an die Fa. Müller, die 2006 das Areal abriss und einen „Müller-Markt“ eröffnete.

  • Im Haus Hauptstraße 27 gab es vorerst bis 1993 ein Textilgeschäft, anschließlich stand die Gebäude über Jahre weitgehend leer.

2005 wurde das Haus abgerissen, heute ist dort ein großes Wohnhaus und ein Antiquitätengeschäft.

Quellen

Familienchronik der Familie Kastinger
Chronik der Marktgemeinde Seewalchen