Philipp von Ferrary

Aus Atterwiki
Philipp von Ferrary

Philipp la Renotière von Ferrary (* 11. Jänner 1850 in Paris, Frankreich; † 20. Mai 1917 in Lausanne, Schweiz) war einer der berühmtesten Philatelisten der Welt und besaß die vermutlich größte und wertvollste Briefmarkensammlung, die es je gegeben hat.

Leben

Philipp von Ferrary mit seiner Mutter, Gemälde von Léon Cogniet, Palazzo Rosso, Genua

Sein eigentlicher Name war Philippe de Ferrari, Herzog von Gallièra, doch er benutzte immer das Pseudonym „Baron von Ferrary" bzw. „Philipp von Ferrary", später verwendete er auch den Namen „Philipp Arnold“. Seine Eltern waren vermögende Aristokraten aus Genua, die nach Paris übersiedelten.

Als Philipp 20 Jahre alt war, kam es zu einer stürmischen Aussprache zwischen seinen Eltern, in der es darum ging, dass der Herzog nicht sein leiblicher Vater war. Philipp legte darauf den Titel nieder und verließ sein Heim. Sein leiblicher Vater soll der österreichische Offizier Emanuel La Renotiere, Reichsritter von Kriegsfeld, sein, der im Feldzug 1848/49 auf einem der lombardischen Güter des Herzogs einquartiert war. Dafür spricht, dass Ferrary sich 1886 von Emanuel La Renotiere adoptieren ließ.[1]

Philipp galt als scheu und schüchtern, aber auch als exzentrisch. Sein Interesse galt Männern, darunter seinem Jugendfreund Eduard Boulanger und seinem „geliebten Bruder“ Albert Arnold. In der Kapelle am Attersee gelobten Philipp von Ferrary und Albert Arnold einander ewige Treue. Von Albert nahm er nicht nur dessen Namen, sondern gelegentlich auch Geburtsort oder Geburtsdatum an.

So wie seine Mutter[2] war Philipp ausgesprochen großzügig. Wo immer er Not verspürte, half er. Als seine Mutter 1888 starb, erbte er ihr Vermögen (und damit auch das des 12 Jahre zuvor verstorbenen Vaters). So war es ihm leicht möglich, verschiedenste Anliegen finanziell zu unterstützen. Das Vermögen der Familie stammte zum überwiegenden Teil aus Eisenbahnprojekten in halb Europa und Lateinamerika. Philipp war damit einer der reichsten Männer seiner Zeit in Europa.

Wohin er auch kam, warf er Geldstücke unter die Kinder. Das brachte ihm beim Volk den Namen „Geldschmeißer“ ein. Er selbst lebte eher bescheiden, trug abgetragene Kleidung und leistete sich keinen Luxus. In seinem Testament bedachte er 50 Personen und elf Gemeinden mit Geschenken oder Legaten. Der Wert der Schenkungen betrug rund 1,3 Mio. Kronen, der Wert der Leibrenten 380.000 Kronen jährlich. Krieg und Inflation verhinderten jedoch weitgehend die Auszahlung dieser Geschenke.

Philipp von Ferrary übte zeitlebens nie einen Beruf aus, reiste gern, sprach mehrere Sprachen und sammelte Briefmarken. Er wollte alle Marken der Welt besitzen.

Die Sammlung

Hotel Matignon, heute Sitz des französischen Premierministers

Bereits mit 15 Jahren interessierte sich Philipp für das Sammeln von Briefmarken. Die Sammelleidenschaft nahm schließlich seine gesamte Zeit und den größten Teil seines Vermögens in Anspruch. So gelang es ihm eine großartige Briefmarkensammlung aufzubauen. Philipp bemühte sich schon in seiner Jugend, Raritäten der Philatelie aus der ganzen Welt zu kaufen.

Er unternahm große Reisen, um fehlende Stücke für seine Sammlung zu suchen. Mit dieser Suche beauftragte er prominente Briefmarkenhändler in den verschiedensten Städten. Für ihn war der Preis der Marken Nebensache, er bezahlte meist auf der Stelle mit Gold.

In der Öffentlichkeit wurde besonders der Erwerb der damals weltweit einzig existierenden Marke „One Cent British Guiana – 1856“ bemerkt: Man nannte ihn „Briefmarkenkönig“ (Anmerkung: Philipp erwarb die Marke 1880 um 750 US-Dollar, im Jahr 1980 wechselte sie zuletzt ihren Besitzer. Ein John du Pont ersteigerte sie um 935.000 US-Dollar).

Zahlreiche Betrüger versuchten, ihre besten Fälschungen dem reichen Philipp zu verkaufen. Für Fälschungen, die eigens angefertigt wurden, um sie Ferrary als besondere Seltenheit anzubieten, prägte man den ironischen Begriff „Ferraritäten“. Obwohl Philipp diese meist erkannte, kaufte er die gelungensten Fälschungen, um andere Sammler vor ihnen zu schützen.

Im Gegensatz zu anderen Briefmarkensammlern hat er niemals Briefmarken getauscht oder verkauft, obwohl er eine Unzahl von Duplikaten besaß und damit große Profite gemacht hätte.

Die Sammlung von Philipp von Ferrary befand sich auch noch während des Ersten Weltkrieges im Hotel Matignon[3], dem früheren Familienwohnsitz in Paris. Er hatte Kontakte zu Philatelisten in halb Europa. Besonders schätzte er das Reichspostmuseum in Berlin, zu dem er ausgezeichnete Beziehung hatte. Da er Deutschland und Österreich liebte, Frankreich hingegen hasste, wollte er seine Sammlung in Berlin – und nicht in Paris - der Öffentlichkeit zugänglich machen. Er lebte auch seit 1911 vorwiegend in Wien und am Attersee. Wegen des ersten Weltkrieges musste er - der nun schweizerischer und österreichischer Staatsbürger war - Frankreich verlassen und konnte nur wenige Stücke mitnehmen. Die Sammlung, die vermutlich die größte und wertvollste Briefmarkensammlung der Welt war, wurde nach dem ersten Weltkrieg von Frankreich als Teil der Reparationszahlung angesehen und wurde in mehreren Auktionen verkauft. Er selbst hatte die Zerstörung seines Werkes nicht mehr erlebt, er starb 1917.

Ferrary und der Attersee

Villa Friedl

Philipps Mutter, eine Aristokratin aus Genua, war mit der deutschen Kaiserin und der österreichischen Erzherzogin Sophie (der Mutter von Kaiser Franz Joseph) befreundet. So verbrachte sie auch Urlaube im nahen Bad Ischl. Sie und Philipp von Ferrary liebten die herrliche Gegend des Salzkammergutes und vor allem den Attersee.

Als der junge Philipp alleine eine Wanderung zum Klauskogel bei Burgau machte, geriet er in ein Gewitter, kam in Bergnot und konnte nur mit letzter Kraft ins Tal gelangen.

Sein Freund Eduard Boulanger machte sich auf die Suche und fand ihn. Philipp gelobte daraufhin, eine Kapelle zu errichten.

Nach dem Tod seiner Mutter 1888 hatte er das Geld, um sein Gelübde zu erfüllen. So kam er wieder an den Attersee und ließ die Ferrary-Kapelle bauen.

Der österreichische Philatelist Sigmund Friedl (* 1851, † 1914) hatte Ferrary bei der Abwicklung der Verlassenschaft nach dem Tod der Mutter gute Dienste geleistet. Aus Dankbarkeit kaufte Philipp einen Grund in der Burgbachau, wo er für Friedl eine Villa errichten ließ. Ferrary hatte dort lediglich ein Zimmer, dennoch nannten die Leute das Haus „Ferrary-Villa“. Er selbst wohnte häufig im Hotel Post in Weißenbach. Die Tatsache, dass auch Friedl Fälschungen an Ferrary verkaufte (Merkure-Fälschungen 1851) belastete die Freundschaft nicht. Als zu Silvester 1905 die „Villa Ferrary“ brannte, ließ sie Philipp auf seine Kosten wieder auf- und ausbauen.

Die Repräsentanten des Ortes Steinbach, im besonderen Pfarrer Ferdinand Pargfrieder, wurden seine Freunde. Legendär ist die Tafelrunde im Hotel Post, zu der er neben dem Pfarrer auch den Bürgermeister, den Lehrer und den Arzt zu gemeinsamen Festen einlud.

Er spendete für die Pfarre, für die Gemeinde und die Vereine und finanzierte die Aufstockung des alten Schulhauses in Steinbach. Für die Fürsorge von Kriegsinvaliden spendete er eine große Summe. Auch die Gemeinden Unterach und St. Gilgen unterstützte er.

Philipp war wohl einer der "buntesten" Sommerfrischler, die je an den Attersee gekommen sind.

Das Testament

Die Grabtafel an der Pfarrkirche in Steinbach

Am 30. Jänner 1915 verfasste Philipp von Ferrary ein umfangreiches Testament. In diesem vermachte er vielen seiner Freunde und liebgewordenen Ortschaften großzügige Legate. Auch die Gemeinde Steinbach am Attersee (sowie Unterach am Attersee und St. Gilgen) waren darunter.
Er schreibt: „... Zu Gunsten der Armen und der Kirche, unter Aufsicht des Bürgermeisters, beziehungsweise des Pfarrers, vermache ich der Gemeinde Steinbach am Attersee, woselbst ich heimatberechtigt bin und auf deren Boden ich von jeher so glückliche Tage verlebte, eine jährliche Rente von 10.000 Kronen...

Für Steinbach konnte letztlich nur eine Abfindungssumme von 28.778,77 fr. in österreichischen Obligationen erreicht werden. Auch dieses Vermögen (das waren dann etwa 56.000 Kronen) fiel der Geldentwertung der Folgejahre zum Opfer.

In seinem Testament verfügte Philipp v. Ferrary unter anderem den Wunsch, am Friedhof der Pfarre Steinbach beerdigt zu werden. Am 20. Mai 1917 verstarb Philipp Arnold unerwartet in Lausanne. Über Vermittlung des Pfarrers Pargfrieder wurde 1919 der Leichnam von Lausanne nach Steinbach überstellt und Philipp Arnold fand hier seine letzte Ruhe.

Das Grab wurde mittlerweile aufgelassen, beim Eingang der Pfarrkirche Steinbach befindet sich eine Gedenktafel und die Beschreibung seines Lebens.

Quellen und Weblinks