Landgraben: Unterschied zwischen den Versionen

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1180 angelegt. Kurz vorher, 1172, waren die Vogteirechte
1180 angelegt. Kurz vorher, 1172, waren die Vogteirechte
im Attergau von den Grafen von Plain an die Grafen
im Attergau von den Grafen von Plain an die Grafen
von Schaunberg gelangt, war also das Landgericht Kammer
von [[Schaunberger|Schaunberg]] gelangt, war also das Landgericht Kammer
an eine nichtbayerische Familie gekommen, die ein Interesse
an eine nichtbayerische Familie gekommen, die ein Interesse
hatte, ihr Gebiet gegen Bayern sicher abzugrenzen.
hatte, ihr Gebiet gegen Bayern sicher abzugrenzen.

Version vom 7. November 2013, 22:20 Uhr

Grenze zwischen Bayern und Österreich im 15. Jh.
Sichtbarer Landgraben bei Powang

Der Landgraben war über Jahrhunderte die Grenze zwischen Bayern und Österreich. Bei Weißenkirchen im Attergau bildete er ein kurzes Stück auch die Grenze zwischen dem Fürsterzbistum Salzburg und Österreich.

Geschichte

Die Grundlage für die staatlichen Anfänge Österreichs war die bairische Siedlungsarbeit in den Ostalpen und an der mittleren Donau (ab 600 n. Chr.), dabei erfolgte auch die Einteilung in Gaue. Der Attergau lag zwischen dem Mattiggau, zu dem auch das Mondseeland gehörte, und dem Traungau. Die eigentliche Staatswerdung vollzog sich unter den Babenbergern (976 - 1246).

Unter Markgraf Leopold IV. (1136-1141), einem treuen staufischen Parteigänger, begann im Reich der Kampf zwischen den Welfen und den Staufern. Um die Übermacht der Welfen zu brechen, übergab König Konrad III. 1139 seinem Halbbruder, dem babenbergischen Markgrafen Leopold, das Herzogtum Bayern, das dem Welfenherzog Heinrich dem Stolzen abgesprochen wurde. Auch Markgraf Heinrich II. „Jasomirgott" (1141 - 1177) wurde 1143 mit Bayern belehnt.

Gründung Herzogtum Österreich

Der Stauferkaiser Friedrich I. „Barbarossa" (1152 - 1190) beendete den Streit zwischen Welfen und Staufern um das Herzogtum Bayern 1156 auf dem Reichstag zu Regensburg: der Babenberger Heinrich II. musste auf Bayern verzichten; daher wurde die Ostmark von Bayern losgelöst und am 8. September 1156 zum Herzogtum erhoben.

Damit lag der Attergau mit seinen Herrschaften Kammer, Frankenburg und Kogl im direkten Grenzgebiet. Die West- und Nord-Grenze des Landgerichtes Kammer, die jetzt gleichzeitig Landesgrenze zu Bayern war, war im Wesentlichen durch 700 bis 1100 m hohe Berge wie den Großen Hollerberg westlich Unterach am Attersee, Roßmoos und Kaiserwald westlich Nußdorf am Attersee, vor allem aber durch den Kobernaußerwald im Norden in großen Zügen festgelegt. Schwierige Stellen bildeten nur die Überquerung des Tales der Dürren Ager bei Großenschwand nördlich von Oberwang und die Strecke von der Vöckla westlich Weißenkirchen im Attergau über Obermühlham zum Kobernaußerwald.

Durch das Tal der Dürren Ager führte eine alte, vielleicht schon römerzeitliche Straße. Diese war im ganzen Mittelalter in Verwendung und überschritt bei Powang bis zum Jahre 1506 die Grenze gegen Bayern. An der Grenze wurde ein durchlaufender Graben ausgehoben, die Straße war durch einen Schranken versperrbar. Ihn hatte der Richter des Landgerichtes Kammer zu überwachen. Der „Wirt auf der Halt" musste ihn bei seinem Ritt „an den Schrenken" (= Schranken) verköstigen und beherbergen.

Die erste urkundliche Erwähnung des Landgrabens findet sich in einem Urbar (Grundbuch) der babenbergischen Herrschaft Friedburg (im Mattiggau) im Jahre 1363. Der Graben selbst ist aber bestimmt älter und wurde vermutlich 1180 angelegt. Kurz vorher, 1172, waren die Vogteirechte im Attergau von den Grafen von Plain an die Grafen von Schaunberg gelangt, war also das Landgericht Kammer an eine nichtbayerische Familie gekommen, die ein Interesse hatte, ihr Gebiet gegen Bayern sicher abzugrenzen.

Der Graben war Landesgrenze bis zum Jahre 1506, als Kaiser Maximilian (gest. 1519) durch seine Beteiligung an einem bayerischen Erbfolgekrieg das Mondseeland an Österreich brachte.

Im nördlichen Bereich des Attergaus (Kobernaußerwald - Hausruck) war der Landgraben bis 1779 Grenze zu Bayern, bis das Innviertel zu Österreich kam. Bei Pöndorf ist der Landgraben als Kulturdenkmal noch sichtbar.

Bayerischer Erbfolgekrieg

Worum ging es in diesem bayerischen Erbfolgekrieg? Der „Friede" zwischen den Staufern und Welfen, zwischen Friedrich Barbarossa und Heinrich dem Löwen, hielt nicht lange. 1180 nahm der Kaiser dem Welfen Bayern wieder weg und gab es an die Wittelsbacher. Diese teilten das Erbe im Laufe der Zeit in verschiedene Linien. Gegen Ende 1503 starb Herzog Georg der Reiche von Bayern-Landshut, der Landesfürst Niederbayerns, ohne männlichen Erben. Er hatte verfügt, dass sein Schwiegersohn Rupert von der Pfalz, der Sohn des Wittelsbacher Kurfürsten von der Pfalz, das Gebiet erbe. Damit hatte er ältere Erbrechte der Herzöge Albrecht und Wilhelm von Bayern-München übergangen und diese wollten nicht kampflos auf das Erbe verzichten. Maximilian unterstützte eher die Münchner Linie, allerdings nicht uneigennützig: er forderte dafür unter anderem die Tiroler Gerichte Kufstein, Kitzbühel und Rattenberg, das Landgericht Wildeneck, das Gebiet von St. Wolfgang und die Vogtei über das Kloster Mondsee. Dies alles ließ sich der Kaiser von den bayerischen Herzögen am 2. April 1504 bestätigen. Ruprecht von der Pfalz wollte sich aber nicht in den für ihn ungünstigen Schiedsspruch des Kaisers fügen und begann den Kampf um das Erbe, den auch seine Witwe fortsetzte. Aber Maximilian erringt durch seine überlegene Artillerie einige Siege und die letzten Widerstandsnester werden beseitigt.

Die Münchner Wittelsbacher erhielten das Erbe des Herzogs Georg, mit Ausnahme von Maximilians „Interessen" und des Gebietes nördlich der Donau, das den unmündigen Söhnen des Pfalzgrafen Ruprecht als „junge Pfalz" (Oberpfalz) zufiel.

Im Jänner 1506 kam es zu einem endgültigen Abkommen, das am 8. Feber 1506 von den Herzögen Albrecht und Wolfgang bestätigt wurde. Damit war das Mondseeland österreichisch geworden. Das Gebiet wurde von dem sich immer in finanziellen Schwierigkeiten befindlichen Maximilian schon im August 1506 an den Salzburger Erzbischof verpfändet. Erst im April 1565 wurde die Pfandsumme an Salzburg zurückbezahlt und das Mondseeland war nunmehr ein Bestandteil des Landes ob der Enns.

Grenzstreitigkeiten und Schmuggel

Immer wieder wird im 16. Jahrhundert von koglerischen Pflegern über die Zustände an dieser Grenze geklagt. Es bestand damals an und für sich ein Verbot des freien Verkaufs der bäuerlichen Erzeugnisse, was deren Wert natürlich minderte und Gegenstand vieler Klagen war. Doch scheint dieses Verbot in der Praxis vielfach umgangen worden zu sein und hat zu einem offenbar schwunghaften Schwarz- und Schleichhandel geführt.

In einem Bericht des Pflegers von Kogl von 1571 heißt es: „.. .von wegen Sämer, welche das Getreid auf allerlei ... Abwegen aus dem Landfuhren..., daß der Landtgraben auf der Granitz allenthalben offen, und so ich gleich mit 10 oder 12 Knechten darauf hüette, nichts weniger die Sämber allerlei unbequeme weeg, bei nächtlicher Weil am Walt suechen, auch wehren sie sich mit guter wehr und waffen..." (Sämer = Säumer: Führer von Lasttieren. Das Wort kommt von „Saum" = Last, Ladung eines Lasttieres. „Saum" ist ein frühes Lehnwort aus dem mittelalterlichen „salma", einer Entstellung aus griechisch „sagma" = „Packsattel"). (Grimm, 14)

Auch „Fürkäufer" aus Mondsee und St. Wolfgang kamen in den Attergau und verfrachteten täglich Getreide nach Mondsee. („Fürkäufer" = jemand, der wucherisch vorweg aufkauft und so verteuert). (Grimm, 4) Der Pfleger schlägt vor (am 28. 1. 1571), alle Bauern sollen ihr Getreide am Markt in St. Georgen verkaufen müssen und die mondseerischen und wolfgangischen Fürkäufer sollen zur besseren Überwachung Passzettel bekommen.

Aus den Akten von Kammer erfahren wir für die Zeit um 1570, dass im kammerischen Landgericht 41 Freieigner (keine Zins- oder Urbarbauern) ansässig waren, die aber für die Landrichter jährlich 33 1/2 Metzen Hafer reichen und „dem Landrichter zur Aufsehung über den Landtgraben zuegeben (= zugeteilt) sein". Er klagt darüber, dass diese Freieigner Buben und „gringe Knechtl" schicken, wenn er sie zu einem Dienst fordert. Alle Maßnahmen der Pfleger und des Landrichters aber halfen offenbar nichts, denn immer werde besonders Getreide nach Wolfgang, Mondsee und Salzburg „geschwärzt". („Schwärzen" = Waren schmuggeln. Von geschmuggelten Waren sagt man: schwarz herein - über die Grenze kommen. Vielleicht weil man bei Nacht zu schmuggeln pflegt, so dass „schwarz" hier gewissermaßen im Sinne von „dunkel, in der Dunkelheit" stünde, oder weil die Schmuggler sich das Gesicht schwärzen, um sich unkenntlich zu machen. Grimm, 15)

Der Landgraben verlor nach dem Erwerb des Mondseelandes seine Funktion als Landesgrenze und war dann nur mehr eine Landgerichtsgrenze zwischen den Herrschaften Wildeneck und Kammer.

Das kurze Stück des Landgrabens bei Weißenkirchen im Attergau zwischen dem Fürsterzbistum Salzburg und Österreich hatte noch bis zur Eingliederung des Fürsterzbistums an Österreich im Jahr 1806 Bedeutung. Der Salzschmuggel war bis zu dieser Zeit noch aktiv.

Der Landgraben heute

Der Landgraben blieb aber bis heute eine Flur-, Gemeinde-, Pfarr- und Mundartgrenze, der das Mondseeland vom Attergau trennt. Bis zum Juli 2013 war er auch eine Gerichtsbezirksgrenze.

Im Laufe der Zeit verfiel der Landgraben immer mehr und ist heute kaum mehr zu erkennen. Die letzten Zeugnisse sind der Grundzusammenlegung zum Opfer gefallen.

Quelle

Dieses Buch ist beim Heimatverein Attergau erhältlich.