Amthof Seewalchen

Aus Atterwiki

Lageplan des Amthofes Seewalchen

Begriffe

Unter Amt (officium) verstand man in der Zeit der Landesherren die Verwaltung - den herrschaftlicher Verwaltungsbezirk. Ein Amt wurde vom Amtmann geleitet.
Der Sitz – besonders was die Notwendigkeiten der Zehentverwaltung betraf – war ein Amthof
(Seinerzeit allgemein als „Amthof“ – nicht als Amtshof bezeichnet!)

Als Meierhof (von lateinisch maiores villae, auch Sedelhof oder Fronhof) wird ein Bauerngehöft oder -gebäude benannt, in dem in seiner Geschichte einmal der Verwalter (der Meier) eines adligen oder geistlichen Gutshofes gelebt hat.

Michaelbeuern und der Amthof Seewalchen

  • Mit dem Erwerb von Gütern in Seewalchen sowie der Pfarrkirche von Seewalchen und dem dazugehörigen Zehent im Jahr 1135 durch das Stift Michaelbeuern war es notwendig, einen Hof zu führen, der die Verwaltung besorgte. So liegt der geschichtliche Ursprung des ehemaligen Amthofes in dieser Zeit; urkundlich erscheint der stiftische Meierhof mit „Heinrich der Maier, des Abtes Ammann zu Sebalhen“ erstmals 1399 auf.
    Die Verzeichnisse über die Besitzer der zehentpflichtigen Güter beginnen 1491.
    1555-1560 wurde ein größeres Haus, vermutlich der jetzige Amthof, gebaut. Andere Quellen datieren das Gebäude zwischen 1592 und 1613.
  • Nachdem das Gut bis 1679 an Amtmänner, teilweise zu Leibgeding, vergeben worden war, stand es fortan bis 1883 in unmittelbar stiftischer Verwaltung. 1734 gehörten zum Amthof 107 Joch Grund (ca. 59 ha), weiters waren noch 13 Joch (ca. 7 ha) zum Pfarrhof gehörig.
  • Das Zehentbuch reicht bis 1635 zurück.
  • Bis zur Aufhebung der Untertänigkeit 1848 waren alle Untertanen der Steuergemeinde Seewalchen dem Amthof zehentpflichtig.
    Nach der Aufhebung der Grundherrschaft wurde von den Untertanen eine Summe von rund 26.500 Gulden an das Stift bezahlt.
    Danach kam es zum wirtschaftlichen Niedergang. Das Stift war zwar bestrebt, nach dem großen Brand 1860, den Amthof, die Wirtschaftsgebäude und die großen landwirtschaftlichen Gründe wieder lebensfähig zu machen, der Erfolg hatte sich aber in Grenzen gehalten, schließlich wurde 1883 der Amthof an den ehemaligen Schlossherrn von Starhemberg, Rudolf Seyrl, Haag a. H. verkauft. Einige Joch kamen zum Pfarrhof (wo bis ca. 1953 eine kleine Landwirtschaft betrieben wurde). Der Kaufpreis betrug fl. 32.000.-- öst. Währung.

Rudolf Seyrl

Der Amthof von Süden (Parkseite)
  • Im Jahr 1883 kaufte Rudolf Seyrl (1839-1899) den Amthof (Seewalchen 1) und ließ in 1891/92 schlossartig umbauen. Seyrl, so hieß es, schenkte jedem seiner Kinder ein Schloss, Maria bekam Seewalchen. Nach Süden hin wurde ein Park mit einer Allee geschaffen.
  • Maria Seyrl (1879-1921) war mit Anton (Nandor) Pürner verheiratet.
    Für seine Verdienste wurde Rudolf Seyrl für den Ort und die Wassversorgung zum Ehrenbürger ernannt. Nach ihm ist auch die „Seyrlstraße“ benannt. Die Familengruft befindet sich gegenüber dem Südeingang der Pfarrkirche, darüber wurde 1906 eine Pieta von Wilhelm Seib errichtet.
  • Nach seinem Tod übernahmen Maria und Nandor Pürner den Amthof.
    Die ehemals michaelbeurische Landwirtschaft wurde von Seyrl und Pürner weiter betrieben. 1910 hatte der Amthof 30 Rinder, 7 Pferde, 15 Schweine und entsprechendes Personal.
  • Pürner verkaufte den zum Amthof gehörigen Wald im „Fegerholz” an Herrn Lösch (daher der Name „Löschwald“) und pflanzte im Hochfeld (heute Autobahn A1 nördlich der Feldstraße) einen neuen Bestand: die „Pürner-Rasch”. Pürner, so hieß es, konnte nicht wirtschaften.
    Der Amthof wurde am 10.9.1928 versteigert.

Der umgebaute Amthof

(Auszüge aus dem Gutachten des Bundesdenkmalamtes 1984)

  • Das Gebäude ist ein in den charakteristisch kubischen Proportionen eines Renaissanceschlösschens gehaltener Rechteckbau mit zwei Ecktürmchen und Walmdach.
    Während die ersten beiden Geschoße in der Substanz eindeutig aus dem späteren 16. Jahrhundert stammen, ist das 2. Obergeschoß möglicherweise einer barocken Adaptierungsphase zuzurechnen.
    Die nördliche Hauptfront erfährt durch einen seichten, von zwei Strebepfeilern markant abgestützten Mittelrisalit eine Akzentuierung, die durch ein im späten 19. Jahrhundert aufgesetztes Uhrtürmchen mit Laterne gesteigert wird. Über dem Mittelportal befindet sich die barocke Wappenkartusche des Stiftes Michaelbeuern. Die gegenüberliegende, zum Park gewandte Südfront (7- bzw. 8-achsig) ist um 1880/90 durch eine späthistoristische Fassadengliederung repräsentativ aufgewertet worden.
  • Die innere Erschließung des Hauses erfolgt in der für das 16. Jahrhundert charakteristischen Weise durch großzügige, durchgehende Mittelflure im Erdgeschoß und im 1. Obergeschoß (sala) mit Kreuzgratgewölben, welche die für die Entstehungszeit typischen, angeputzten Grate aufweisen (im 1. Obergeschoß bereichert durch neobarocke Stuckzierate aus dem späten 19. Jahrhundert). In der Mitte des Erdgeschoßflures schließen im Sinne eines kreuzförmig regelmäßigen Grundrisses in der Querachse orientierte Räume mit gleichzeitigen Kreuzgratgewölben an.
  • Zum Flur paralleles Stiegenhaus im Kreuzgratabsätzen. In der südwestlichen Eckstube Riemlingdecke mit Rüstbaum wohl historistisch im 19. Jahrhundert ergänzt. Die meisten Räume im Erdgeschoß vor allem im 1. Obergeschoß sind von einer spätbarocken Adaptierung geprägt. Im südöstlichen Erdgeschoß repräsentatives Eckzimmer mit Stuckdecke um 1740, an der sich um das Relief des hl. Michael mit dem Wappen von Stift Michaelbeuern im Mittelspiegel Randornamente aus Bandlwerk, Schleierbrettern etc. gruppieren; Ofen im Rokokostil. Im darüberliegenden Eckraum eine stilistisch dem frühem 18. Jahrhundert angehörende Stuckdecke mit reliefierter Krone im ovalen Mittelspiegel und einer Füllung durch zarte Ranken bis zum äußeren Putzschnittrahmen. Im südwestlichen Eckzimmer des 1. Obergeschoßes Stuckspiegel.
  • Die Nordostecke des 1. Obergeschoßes wird von dem Kapellenraum mit Eckabrundungen, korinthischer Pilastergliederung und gekehlter Flachdecke eingenommen.
    Historistische, gekuppelte Fenster mit ornamentaler Glasmalerei 19. Jahrhundert. Der ausgewogene Spätbarockaltar aus der Mitte des 18. Jahrhunderts ist ein marmoriertes Architekturretabel, dessen schräggestellte Säulenflanken mit Pilasterrücklagen in eine geschwungene Gesimsverdachung mit Volutenspitze übergehen; qualitätvolles Altarbild Maria Immaculata.
    Die historische Bedeutung des Objekts ist in seiner ursprünglichen Funktion als Amthof des Stiftes Michaelbeuern begründet. Die künstlerische und kulturelle Bedeutung liegt in dem monumental wirkenden Bautypus eines Ansitzes der Renaissancezeit.

Die jüngere Zeit

Die Zufahrt zum Amthof von der Seyrlstraße

Der Amthof wurde am 10. September 1928 versteigert und kam so in den Besitz von Erich v. Soupper (1897-1971).
Während des NS-Zeit war Soupper in einem Konzentrationslager interniert.
Die Häuser waren für Wohnungen und der Westteil als Lager für rund 30 französische Kriegsgefangene verwendet. Im Amthof selbst war ein Kinderlandverschickungslager eingerichtet. Es kamen Kinder aus den deutschen Städten, vorwiegend aus Köln und Aachen, zur Erholung.
Nach dem Zweiten Weltkrieg war Soupper bemüht, die Landwirtschaft weiter zu führen und durch neue Techniken zu verbessern. Später führte er eine Gärtnerei sowie den Amthof als Pension. Er engagierte sich auch für den Tourismusverband.
Nach 1960 wurde für den Autobahnbau wurde ein großer Teil der Gründe (darunter die „Pürner Rasch”) verkauft.
Der Badeplatz des Amthofes (ein kleiner Teil des heutigen Strandbades) wurde im Zuge des Strandbadbaues 1957 aufgelassen, Soupper erhielt dafür für 99 Jahre einen Teil des „Kinderbades” mit Bootshütte.
Nach Souppers Tod 1971 ging der Besitz an seine Frau Felicitas (1908-1977).
Felicitas Soupper heiratete Adolf Tymcio (1909-1983), nach deren Tod heiratete Adolf Tymcio Gertrude, die seither im Amthof lebt.
(zusammengestellt von Johann Rauchenzauner)