Maibaum

Aus Atterwiki
Der Maibaum 1948 vor dem Niedermoarhof in Nußdorf
Maibaumsetzen 1954 am Schmiedangerl in Nußdorf
Früh übt sich! Nußdorfer Kinder 1953 mit einem kleinen Maibaum
Maibaumsetzen in Aurach
Maibaumstehlen-Karte 1960er Jahre

Zum Brauchtum im Attergau gehört auch das Aufstellen von Maibäumen am Vorabend des ersten Mai jeden Jahres.

Herkunft

Maibäume sind fast in ganz Europa anzutreffen. Die Entstehungsgeschichten sind vielfältig und haben vermutlich einen heidnischen Ursprung. Die erste Erwähnung ist im 13. Jahrhundert in Aachen zu finden. Im 17. Jahrhundert, als in der Walburgisnacht vom 30. April zum 1. Mai Umtriebe böser Geister vermutet wurden, sollte er Hexen vertreiben. Der Maibaum gilt auch als Fruchtbarkeitssymbol. Die Befreiung von der feudalen Grundherrschaft nach der 1848er-Revolution wurde mit Freiheitsbäumen gefeiert. Der Nationalsozialismus nützte seine Symbolkraft und versah Maibäume 1938 mit dem Hakenkreuz. Zeiten der Verehrung wechselten sich mit Verboten ab. Entsprechend vielfältig sind die Formen und Ausprägungen rund um diesen Brauch.

Auswahl und Aufputz

Im Attergau wird jedes Jahr ein frischer, möglichst schlanker Fichtenbaum mit etwa 20 bis 30 Metern Höhe im Wald ausgesucht. Gleich nach der Fällung wird er sauber entastet, entrindet und zumeist in die Scheune eines Bauernhauses gebracht. Seine spezielle Krone bekommt der Maibaum vom Wipfel eines kleineren Baumes mit schönen, gleichmäßig dichten Ästen, der mit Eisenringen angeschiftet wird. An den Abenden vor dem Aufstellen putzen Frauen und Männer des Ortes den Maibaum auf. Er wird mit einer langen Girlande aus Tannenreisig umwunden und mit zwei bis drei großen Kränzen geschmückt. Das Tannenreisig wird dabei von Tannenästen, den sogenannten Daxn, von einem extra für diesen Zweck gefällten Tannenbaum genommen. Kränze und Baumwipfel sind mit bunten Bändern und Fransen verziert.

Maibaumstehlen

In der Zeit vor dem Aufstellen des Maibaums lauert die Gefahr, dass er von den Burschen eines Nachbarortes gestohlen wird. Wenn dieser listige Plan gelingt, muss der Baum, zum Vergnügen der Diebe, von den Unachtsamen mit Bier ausgelöst werden.

Es ist dies einer der alten Stehlbräuche, die in dem alten Aberglauben wurzeln, dass "gestohlene" und wieder gewonnene Personen und Dinge einen besonders hohen Wert darstellen. Dazu gehört auch das Brautstehlen bei einer Hochzeit oder das Rafenstehlen (Rafen = ein Teil des hölzernen Dachstuhles) bei einem Hausbau.

Vom Alkohol beeinfusst, verschwimmen jedoch manchmal die Grenzen zwischen Brauchtum und Vandalismus. Anstatt des Stehlens wird etwa der stehende Maibaum angesägt oder angehackt. Das zeugt von Übermut und von Unkenntnis der ungeschriebenen Brauchtumsregeln.

Um Gefahren und Streitereien entgegen zu wirken, hat das Tagblatt im bayerischen Landsberg den folgenden Ehrenkodex für Maibaumdiebe zusammengestellt und veröffentlicht. Diese Regeln gelten nicht nur in Bayern, sondern werden im Wesentlichen auch im Attergau gepflegt:

* Diebe, die noch innerhalb der Gemeindegrenze beim Abtransport des Maibaumes erwischt werden, müssen den Baum zurückgeben.

* Vereine oder Gruppen aus der eigenen Gemeinde sind von dem Vergnügen des Maibaumstehlens ausgenommen, soweit sie es nicht auf einen fremden Baum abgesehen haben.

* Gewalt gegenüber Bewachern darf auf keinen Fall ausgeübt werden. Wenn ein Bewacher die Hand auf den Baum legt, ist dieser tabu.

* Der Baum darf weder zersägt noch anderwärtig beschädigt werden.

* Diebsgut ist immer nur der Baum, nicht Kränze, Tafeln oder Fahndln.

* Aufgestellte Bäume dürfen nicht mehr gestohlen werden.

* Ein Baum darf erst gestohlen werden, wenn er innerhalb der Ortsbeschilderung aufbewahrt wird.

* Der Baum darf nur heimlich, eben unentdeckt, gestohlen werden.

* Ist ein Diebstahl geglückt, gibt es für die Auslösung des Baumes ungeschriebene Verhaltensregeln, die unbedingt einzuhalten sind. Ausgelöst wird meist mit Bier und Jause. Oft begleitet die Blaskapelle die Geschädigten in den Nachbarort, wo sich dann schnell eine improvisierte Feier entwickelt.

* Wird ein gestohlener Maibaum nicht ausgelöst, so dürfen ihn die Diebe im eigenen Ort auch als einzigen Maibaum aufstellen oder ihn als Schandbaum neben den ihrigen setzen.

* Das Stehlen des Maibaums soll so gehandhabt werden, dass Polizei und Gericht nicht benötigt werden.

Quelle: Landsberger Tagblatt vom 20. April 2005

In Oberösterreich scheint jede Gemeinde ihre eigenen Regeln zu haben. So ist es nicht verwunderlich, dass schon in den 1960er Jahren eine Maibaumstehlen-Karte entwickelt wurde. Derzeit arbeitet wiederum die Oö. Landjugend an einer digitalen Karte. Beim Vergleich dieser beiden Karten kann beobachtet werden, dass sich sogar in einzelnen Gemeinden die Regeln innerhalb der letzten Jahre geändert haben. Generell scheint in dieses Brauchtum viel Willkürlichkeit eingekehrt zu sein, was auch aus vielen Zeitungsberichten über Streitigkeiten beim Maibaumstehlen zu entnehmen ist.

Maibaumaufstellen

Am Vorabend des 1. Mai wird der Baum aus der Lagerscheune geholt und mit Begleitung der örtlichen Musikkapelle und der Bevölkerung zum Aufstellungsort gefahren. Kinder dürfen sich während der Fahrt auf den Maibaum setzen. Zumeist ist ein regelmäßiger Aufstellungsplatz mit einem ausbetonierten, etwa zwei Meter tiefen Loch eingerichtet, in das der Maibaum sicher eingelassen werden kann.

Unter dem Kommando eines stimmgewaltigen Anschaffers, der alle anderen übertönen muss, wird der Maibaum langsam aufgerichtet. Dazu dienen sogenannte Baumscheren. Das sind überkreuzte, mit Ketten zusammengebundene Holzstangen in verschiedenen Längen. Nachdem der Erdstamm des Maibaumes vor das Loch gesetzt ist, werden die kurzen Baumscheren schräg unter den Baum gestellt und ruckweise immer weiter zum Stamm hin aufgerichtet. Danach kommt die nächst längere Baumschere und so fort. Zur Sicherung gegen das Abrutschen am Baum sind die Klemmstellen zwischen Schere und Maibaum mit spitzen Eisenkrallen versehen.

Auf beiden Seiten jeder Baumschere heben drei bis vier kräftige Männer gleichzeitig auf Kommando die Stangen hoch und nach vorne. Das Kommando lautet ungefähr so: ho a ho. Es sind vier bis fünf Baumscheren gleichzeitig im Einsatz. Umso mehr sich der Maibaum aufrichtet, umso weiter müssen abwechselnd die Baumscheren nachgesetzt werden.

Der Moment, wenn der Baum senkrecht steht und mit einem Ruck das letzte Stück ins Loch hinein rutscht, wird von den Zuschauern mit Beifall beklatscht. Der Anschaffer nagelt zum Abschluss eine Spruchtafel und zwei überkreuzte Fahnen an den Baum. Die Musikkapelle spielt noch einen flotten Marsch und alle Beteiligten und Zuschauer begeben sich in die nahegelegenen Gasthäuser.

Der Maibaum soll bis Ende Mai oder bis Pfingsten stehen bleiben. Durch den Tourismus hat es sich mancherorts eingebürgert, ihn bis zu Saisonende im Herbst stehen zu lassen. Einerseits fehlt oft die Zeit zum Umschneiden und andererseits vermittelt der Maibaum den vielen Sommergästen ein Stück lebendig gehaltenes Brauchtum.

In den Artikeln, Nußdorfer Dorfleben 1860-1960 und Tagebuch des Michl Wiesinger 1830 - 1895 wird das Leben und Brauchtum vergangener Zeiten in einem typischen Attergauer Dorf beschrieben.

Quellen